Abschleppen
Spezialwekzeug zum hydraulischen Aufbocken


Dieser Artikel ist in der Clubzeitschrift des Citroen SM Clubs Deutschland erstmals erschienen. Die Clubzeitschrift erscheint für Mitglieder regelmäßig und beinhaltet stets aktuelle Erlebnisberichte, technische Artikel sowie Informationen über die aktuelle Ersatzteillage. Weitere Informationen auf der Clubseite.

von Andreas Heene

 

Im Juli bin ich mit dem weißen IE morgens ins Büro gefahren, das Auto stand den ganzen Tag friedlich auf dem Parkplatz in der Sonne. Dann bin ich abends eingestiegen - und beim Anlassen nudelte er nur, aber ging nicht an. Die Benzinpumpe tat keinen Mucks. Mist dachte ich, wie komm ich an die blöde Pumpe dran? Man erinnert sich: Beim SM sitzt die Benzinpumpe hinter einem Blech vor dem rechten Hinterrad. Nun kommt die Logik:

- Pumpe läuft nicht
- Motor läuft nicht
- läuft Motor nicht, geht Hinterradfederung nicht nach oben
- geht Hinterradfederung nicht nach oben, geht Rad nicht ab
- keiner kommt an Pumpe ran
- keine Reparatur möglich
- wie oben weiter

Also steht man mal zuerst. In Anbetracht dieses organisatorisch chancenlosen Technikproblems in Art eines Perpetuum Mobiles habe ich noch mal anzulassen versucht - und bekam eine Rauchwolke aus der Lenksäulenverkleidung. Ouu, da hab ich schnell wieder alles ausgemacht und einen Mitarbeiter geholt, zum Helfen. Ich habe dann noch mal angelassen, da kam eine Rauchwolke von einer der Zündspulenkabel - es war das Minuskabel.

Nun war ja klar, dass ich mit der Problematik keine Reparatur auf der Straße machen konnte. Also dachte ich, dann schlepp ich den SM halt ab. Ja - das denkt man so - nur wie geht das? Im Werkstatthandbuch ist zwar die untere Vorderachsschwinge bezeichnet als Anhängepunkt, aber wie kommt man an die heran, wenn der SM ohne Motorlauf und damit ohne Hydraulikdruck auf dem Bauch liegt? Da hat wohl keiner dran gedacht - und der drucklose SM liegt so tief, dass man ihn auch in keinem Fall auf die Rampe eines Abschleppwagens hochbekommt. ADAC- Transporter geht nicht und auch Kranverladung mit den Querstangen unter den Rädern geht nicht, weil der Wagenboden zu nah ist.

Nun, immerhin habe ich einen befreundeten Werkstattbesitzer in 40 km Entfernung, der einen Spezialhänger hat mit extra langen Auffahrrampen, weil der früher die ganzen bespoilerten Renault-Alpines im Münchner Raum gemacht hat. Aber auch dieser Hänger war meiner Einschätzung nach noch nicht geeignet, den SM draufzubringen. Ich musste den SM irgendwie in eine höhere Rollposition bringen. Ich bin dann brütend mit dem Geschäftsauto heimgefahren und da kam mir auf einmal DIE Idee!

Der SM hat keinen Druck, weil der Motor nicht geht. Daran war kurzfristig nichts zu ändern. Aber ich könnte ja den Druck durch mechanische Maßnahmen ersetzen!

Es gibt ja die Idee, die Federkugeln abzuschrauben, und dann ein Stück Besenstiel in den Federzylinder einzulegen und die Kugel wieder draufzuschrauben. Aber das ist mir eine zu rustikale Methode, denn erstens muss man den SM mit dem Wagenheber hochlupfen, um die Holzstücke hineinzubekommen und zweitens braucht man dazu einen Rangierwagenheber - einen, der auch unter den SM passt! Drittens verbiegen die auf das Federkugelventil drückenden Holzteile das Ventil und zudem hat man Holzsplitter in der Hydraulik. Das ist also nicht mein Fall, da technisch zu umständlich und nur theoretisch zu amchenwegen des Rangierwagenhebers.

Ich habe dann auf Basis dieser Grundidee an meiner neuen Drehbank in der Werkstatt eine Nachtschicht verbracht und kam heraus mit zwei Vorrichtungen aus Stahl, mit denen ich den SM hochbringen wollte. Es waren je zwei Gewindestopfen, die genau oben in die Federzylindergewinde der Federkugeln passen. In diese Stopfen habe ich ein Gewinde mittig eingebohrt und eine passende Sechskantschraube dazu gesucht und diese angepasst. Dann habe ich noch zwei Alu- Unterlegscheiben gedreht mit einem flachen Sackloch.



Auf dem Foto oben sieht man gut die Stellung der Mittelschraube vor Einbau und oben die Stellung mit eingedrehter Schraube, wenn das Fahrwerk hochgedrückt ist.

Damit bin ich am nächsten Morgen zum SM gefahren - er war noch da und nicht beschädigt - und habe die Haube geöffnet. Als erstes habe ich den Druck am Druckregler abgelassen, und die Federungseinstellung auf nieder gestellt. Leider saßen die Federkugeln da immer noch fest, durch eine Ungenauigkeit in der Einstellung des Höhenkorrektors war noch Druck drauf. Der lässt sich aber einfach ablassen, wenn man mit einem langen Schraubendreher an den Hebel der Hydraulikeinstellung vorne links unter der Lenkung kommt, diesen etwas bewegt, und dann zischelt es.Damit war der Druck weg und die Kugeln gingen ab. Diese wurden natürlich schön sauber in Lappen eingewickelt, damit kein Dreck in die Ventile gelangt.

Dann kam der Einsatz meiner beiden Vorrichtungen. Erst in beiden Federzylindern die Aluminium U-Scheiben in den grünen Ölsee eingeworfen, mit dem Sackloch nach oben. Die Scheiben haben den Sinn, den Kolben zu schützen vor der Druckkraft der später folgenden Schraube, die Scheiben passen genau in den Kolbenrand und das Sackloch sorgt dafür, dass die später eingedrehten Schrauben sich nicht verschieben und dann verbiegen, die Schrauben werden also durch die U-Scheiben zentriert. Danach den Stahlstopfen in den Federzylinder eingeschraubt und handfest angezogen. Jetzt die langen Schrauben von oben in den Stopfen von Hand eindrehen, bis sie auf dem Langloch der im Federzylinder befi ndlichen U-Scheibe anschlagen. So und jetzt ist es ein einfaches Spiel - man muss nur noch mit der Ratsche die Schrauben wechselseitig je ca. 5 Umdrehungen bis zum Anschlag eindrehen und der SM steht in Normalposition. Die erreichte Höhe hängt natürlich von der Schraubenlänge ab.

Zum Fahren ist das System nicht vorgesehen. Aber das Hochziehen des SM auf den Hänger ging ohne weiteres. Die untere Schwinge war erreichbar für das Abschleppseil, und dieses führte unten frei unterhalb der Frontwanne nach vorne. Auch die Schweller saßen nicht auf beim Hochziehen auf den Transporter.



Die eingebaute Vorrichtung -
so ist die Vorderachse
über Normalhöhe gehoben.


Das Tolle ist, dass die Angelegenheit in ca. 15 Minuten erledigt ist, ohne dass man sich bücken muss und man endlich den SM wie ein normales Auto abschleppen kann.

Klar, man kann sich auch vier Stück von den Dingern herstellen lassen, aber der Einbau an der Hinterachse ohne Hebebühne scheint mir doch eher fummelig. Zumal es ja mit der vorderen Höherstellung ausreicht.

Also sollte eigentlich jeder SM-Fahrer mindestens zwei von den Dingern im Kofferraum haben, die er dann beim Warten auf den Abschleppdienst montieren kann. Man denke auch nur daran, dass man den SM mit dieser Einrichtung auch von jedem normalen ADAC-Transporter abholen lassen kann! So wird man viel flexibler im Havariefall. Diese Teile funktionieren natürlich auch bei D-Modellen, bzw. bei allen Hydraulikcitroëns, bei denen die Federkugeln oben auf den Federzylindern sitzen.

Eigentlich ist diese Vorrichtung ein total simples Teil, das ich mir patentieren lassen sollte - ich finde die Dinger genial und werde meinen beiden SM damit ausrüsten. Ich mach‘ mal im Sommer 10 Stück davon, mal sehen, wer die brauchen kann. Das wird natürlich nicht billig, aber immer noch billiger als ein kaputter SM-Schweller und Frontwanne.

Übrigens, der weiße SM kam mit dem Transporter gut in meiner Garage an. Woran die Elektrik krankt, weiß ich jetzt noch nicht, das wird eine Winterarbeit. Jetzt langt´s mir erst mal wieder.