Automatikgetriebe
Technische Erläuterungen zur
Überholung des Automatikgetriebes

Dieser Tipp ist in der Clubzeitschrift des Citroen SM Clubs Deutschland erstmals erschienen. Die Clubzeitschrift erscheint für Mitglieder regelmäßig und beinhaltet stets aktuelle Erlebnisberichte, technische Artikel sowie Informationen über die aktuelle Ersatzteillage. Weitere Informationen auf der Clubseite.




1. Der Hintergrund

Es ist bekannt, dass in meinem Umfeld seit 15 Jahren ausschließlich Borg-Warner-DS im Alltagsbetrieb gefahren werden und dass ich mir deshalb vor vier Jahren einen US-3L-Borg-Warner-SM zugelegt habe. Weiterhin hat es sich herumgespro­chen, dass ich alles selbst repariere. Aus diesem Grunde werden mir des Öfteren von mehr oder weniger na­hestehenden Menschen folgende Fragen gestellt:

  • Funktioniert das und hält das überhaupt, mit den BW­Vollautomatikgetrieben? Die Antwort ist schlicht: "Ja, perfekt, obwohl ich kein Perfek­tionist bin".
  • Könntest Du mir nicht, bitte, ei­ ne Ferndiagnose von meinem (sehr oftausgebauten und nie "gefahrenen") BW-Getriebe ma­chen?
  • Kannst Du mir nicht ausnahms­ weise mal schnell mein Getriebe reparieren? Es fehlt nicht viel daran - aber die anderen trauen sich nicht ran oder sind viel zu teuer!


Meine Antwort auf die letzte Frage muss dann leider lauten: "Es geht mit dem besten Willen nicht, schon aus zeitlichen Gründen. Außerdem kostet es mich selbst minimal DM 1000.- (Material- und Drittleistungen) pro Getriebe."

Dann höre ich oft: "Ja, wenn das so ist, dann kaufe ich mir doch lieber das prima Getriebe, das da und dort schon lange liegt...!" Selten ist mir jedoch zu Ohren gekommen, daß irgendeine derartige Aktion von Erfolg gekrönt war. Warum das so ist, und was man tun kann - davon will ich im Folgenden reden. Nicht reden möchte ich von all denen, die mir die gleichen Fragen stellen, aber ohnehin bereits eine feste Meinung haben: Dabei habe ich manchmal das Gefühl, dass sie mich über irgendetwas belehren wollen, unwissend wie weit meine technischen Möglichkeiten gehen.

 

2. Die Fakten

Das BW 35-Getriebe ist ein in vielen amerikanischen und europäi­schen Wagen erprobtes und bewähr­tes, in der Funktion einfaches, aber aus sehr vielen Einzelteilen beste­ hendes 3-Gang-Vollautomatik­ getriebe (siehe Abbildung 1). In den USA machten der Einsatz im DS oder SM sowie seine Reparatur sei­nerzeit überhaupt keine Probleme, weil man damit vertraut war. Seine Übersetzung ist recht kurz, im DS wird mit den normalen 15 Zoll- Rei­ fen der konstruktiv angestrebte Wert von 20Meilen pro 1000/min er­reicht. Hieraus resultiert eine Spit­zengeschwindigkeit von knapp 180 km/h bei etwas über 5500 Touren. Thermische Probleme treten auch bei Autobahngeschwindigkeitennicht auf, wenn die Kühler und Ventilatoren in Ordnung sind.

Im SM erreicht man mit dem dreh­freudigeren 3l Vergaser Motor (er hat die Zylinderköpfe vom Einsprit­zer) bei knapp 7000/min durchaus die angegebenen 225 km/h. Wegen des großen Bereichs des Drehmo­mentwandlers von 1:2,3 und der kurzen Übersetzung erreicht man mit dem DS-Einspritzer eine den meisten DS-Fahrern unbekannt gute Beschleunigung im Anfangsbereich bis zu etwa 60 km/h. Die volle Ausnutzung des Drehmoments des Vierzylinders macht ihn daher zu einem idealen Zugfahrzeug. Beim SM fehlt es etwas am Anfangs­drehmoment - dennoch dürfte der 31-BW-SM bis etwa 70 km/h den an­deren ebenso überlegen sein. Die gemessenen Beschleunigungswerte von 0-100km/h mit ca. 10 sec sind allerdings erwartungsgemäß deutlich schlechter. Über 100 km/h wünscht man sich dringend einen vierten Gang, genießt aber den un­gewöhnlich ruhigen(!) - siehe ame­rikanische Tatberichte - und vibra­ tionsarmen Lauf. Der Verbrauch liegt bei mir für den DS-Einspritzer innerhalb des Toleranzbereichs der Wagen mit mechanischem Getriebe (10 – 11l bei einem Schnitt von 100 km/h). Beim SM fehlen mir Ver­gleichswerte: Ich brauche für einen Schnitt von 130 km/h etwa 121 und für jede 10 km/h schneller etwa ei­nen Liter mehr.

Das BW-Getriebe wurde seit Anfang 1972 in einigen DS 21-Einspritzern und danach in wenigen DS 23 Vergasern und vor allem im DS 23-Pallas-Einspritzer verwendet. In den SM wurden vor Herbst '72 sowohl für die USA als auch für einige Modelle in Europa die in der Übersetzung identischen Getriebe -natürlich mit anderem Anlasser­zahnkranz und geänderter Wand­lerglocke- zusammen mit dem 2.71-Motor eingebaut. Auch die mei­ sten übrigen "Innereien" waren gleich. Darüber hinaus besaßen die D-Modelle bereits den Anschluss für die SM-Lenkung. Danach lief das gleiche Getriebe mit verstärktem Wandler (dessen Problemstelle "Wandlerwelle" nun sogar in dessen Innerem versteckt wurde, s.u.) und einem 3l-(Merak)- Motor - wegen der Abgasentgiftung nur als Verga­serversion - vom Band. Die meisten der 1612 gefertigten Vollautomatik-SM waren 31-Typen für den US-Markt.

->SM-Freunde sollten sich einmal klarmachen, dass damit jeder 8. SM ein Borg-Warner-Fahrzeug war und dass es selbst in Europa noch einige mehr geben müsste!

Da in Amerika das 5-Ganggetriebe eher seltener war, ist auch dies ein Hinweis darauf, dass die Sache ur sprünglich funktioniert hat. Denn kein Amerikaner würde einen Automatikwagen gekauft haben, der nicht locker im dortigen Straßenverkehr und seinem PS-starken "Stop-und-Go" mitziehen konnte. Dennoch: Praktisch jeder BW, der mir im Laufe der Jahre in die Finger kam, war defekt: Entweder ratternd laut oder ohne jede Power "anfahrend". Die Gründe fanden sich entweder bei hirnlosen "Reparaturen" oder an einigen Schwachpunkten, die sich vor allem in der zweiten Lebenshälfte der Fahrzeuge auswirkten, entweder weil man sie nicht mehr kannte oder weil man dasbemitleidenswerte (mangels Ersatzteilen oder Aggrega ten, weil eben z.B. beim DS auch der Motor aus einem Wagen mit mechanischem Getriebe nicht pass­te) Fahrzeug einfach "zu Ende" nutzte. Denn selbst ohne Wand­ lerwirkung und mit vielen Defek­ ten, lässt sich zumindest der DS noch lange bewegen. Hingegen stirbt der SM-Motor sehr schell bzw. er versauert, wenn man ständig mit Leerlaufdrehzahl lostuckert.

 

3. Die Schwachpunkte

Die Schwachpunkte liegen nicht am oder im Getriebe selbst, son­dern bei der speziellen mechani­ schen Anpassung an die DS bzw. an den SM. Eine prinzipielle Ursa­che ist der Vorderradantrieb, wes­ halb man gezwungen war, Wand­ler, Automatikgetriebe und auch noch das Differential in einem Block und sehr unzugänglich zu vereinigen. Bei "normalen" Autos konnte man diese drei Dinge ge­trennt warten und reparieren. DS-und SM-Triebwerke sind ja nun schon mühevoll genug auszubauen, und es ist ohnehin dann nicht mehr viel Unterschied im Aufwand, zu­ sammen mit der Getriebeeinheit den Motor mit auszubauen. Glück­ licherweise ist man bei Citroen nicht so weit gegangen, dieses Ge­triebe auch noch mit der grünen Zentralhydraulik zu vereinigen. Man beließ es bei der eigenen internen Hochdruckversorgung über eine Ölpumpe mit rotem Automati­köl ATF 33. Konstruktiv gibt es allerdings nur zwei echte Schwachpunkte, den Rest besorgt der Mensch:

Erstens ist beim DS und bei den ersten SM die Wandler-Träger­welle zu schwach ausgelegt, nicht hinsichtlich der Leistungsübertra­ gung, sondern gegen Ölmangel und lokale Überhitzung (insbesondere bei verschmutzten Ölkühlern) und gegen Späne und Abrieb bei nicht behobenen Schäden anderswo, ver­säumten Ölwechseln und verstopf­ ten Ansaugsieben (beim SM kommt man wegen der vorderen Traverse gar nicht an die Getrie­bewanne ran!). Eine beschädigte Wandlerwelle macht den Wandler zu einer festen Kupplung und der Wagen kuppelt bei 800/min (Leerlauf) ein, anstatt auf 2000 Touren hochzuziehen. Selbst die (speziell gelagerte und von der üb­rigen Serie abweichende) Kurbel welle des DS hält das nicht ewig aus. Nun gab es die Trägerwelle des Wandlers nie als Ersatzteil, weil sie nur unter einer schweren hydraulischen Presse zu wechseln ist. Man musste also rechtzeitig ein Austauschgetriebe eingebaut haben oder aber den Motor mit erneuern! War nur der Motor kaputt und baute man einen anderen (wie ge­sagt, einen speziellen BW-Motor, so man - in späteren Jahren - einen fand) ein, so versagte meistens auch sofort der Wandler im BW- Getriebe, selbst wenn die Welle nur ganz normale Abnutzung zeig­te. Dies konnte ich erst nach vielen Ein- und Ausbauten glauben. Die Ursache ist eine minimale Achsial­verschiebung des Wandlers durch die andere Lage der Motorkurbel­welle und des Flügelrades.

Zweitens war das Differential­gehäuse (gefüllt mit normalem Hy­ poid-Öl) früher fast nicht öldicht zu bekommen. Daran änderte sich auch nichts durch eine zusätzliche Schraube zum Verbinden der Ge­häusehälften an den Austauschge­trieben. Dieses Problem löste sich erst zwanzig Jahre später durch die heute zur Verfügung stehenden modernen Dichtmassen. Warum war das so fatal? Weil man in we­ nigen Monaten, so man kein Freund des Peilstabes war (immerhin sind beim BW insge­samt vier Ölsorten - zusammen ca. 17 Liter! - zu kontrollieren) das ge­ samte Differentialöl verlieren konnte. Kegel- und Tellerrad sehen (bei jedem zweiten Getriebe) dann so aus, als hätte man Steine gemah­ len und der Wagen klingt dann auch entsprechend. Normal ist ein ganz leises Heulen bei 70 und bei ca. 140 km/h wie bei allen .D-Modellen.

Gerade das Differential hatte viel zu leiden: Entweder führten schlechte Reparaturen dazu, dass das dünnflüssige rote Automatiköl in das Gehäuse eindrang, oder Tankstellen, Werkstätten und Be­sitzer füllten solches da hinein, wo es nicht hingehörte - nur weil es bei einigen anderen Automodellen so ist. Ein Schaden, ähnlich wie beim Ölverlust, war die sichere Folge.

Überhaupt das rote Automatiköl ATF 33 ist ein Thema für sich. Es darf nichts anderesin das BW 35 eingefüllt werden. Abrieb (s.o.), Verschleiß der Kupplungen und Bänder, Versagen der hydrauli­schen Gangsteuerung (oftnur bei Kälte) sind die Folge. Von einem weichen, fast unmerklichen Schalten kann dann nicht mehr die Rede sein. Jede Garantie auf ein repa­riertes BW-Getriebe verfällt, wenn dies nicht befolgt wird. Auch wenn eine Werkstatt irgend ein anderes rotes Öl einfüllt und sagt, es gibt kein ATF33 mehr und wir ver­wenden dieses immer, so ist erstere Behauptung definitiv falsch und die zweite sicherlich wahr: Die Folge war - und ist - der Exitus vieler DS und SM. Richtig ist, dass TOTAL immer wieder (ähnlich wie Miche­ lin bei den Reifen) neue Chargen (in 201-Kanistern) auflegt, was ja auch bei einem Öl, das nur ge­mischt werden muss, nicht sehr problematisch ist.

Eine scheinbar unbedeutende Fehlerquelle ist ein fehlender (gerissener, ausgehängter, falsch eingestellter, festkorrodierter) "Kick-down"-Zug. Merkwürdi­ gerweise fällt das vielen BW-Fahrern (nicht nur Neulingen) nicht auf. Anscheinend hat sich die Mei­nung so festgesetzt, dass der BW eben lahm sein muss. Aber gerade das kann teuer werden: Mit dem "Kick-down"-Zug wird nämlich der Betriebsdruck der hydrauli­schen Steuerung im Getriebe mo­duliert (sprich erhöht), Kupplungen und Bänder rutschen nicht mehr, sondern packen härter zu. Ist dies nicht der Fall, so verbrennen diese in Kürze und das Automatiköl bzw. das ganze Auto riechen dann nach Kokerei.

Mit den vorstehenden Erläute­rungen, hoffe ich auch, dem BW-fahrenden und interessierten Laien klargemacht zu haben, dass sämtli­che Ursachen eigentlich minimal sind und alle genannten Schäden durch Pflege, Kontrolle und richti­ ge Wartung vermeidbar wären! Die Folgen sind zwar vielfältig und fa­ tal, aber man kann nach einer gu­ten Reparatur und Restaurierung einen neuen Anfang machen und die Annehmlichkeiten von Hydrop­neumatik plus Vollautomatik ge­ nießen. Ich kann dies auch insoweit belegen, als wir selbst an unseren diversen BW-DS noch nie einen Schaden hatten: 100,000km und 70,000km bis zum Verkauf mit den beiden letzten erhältlichen Austauschgetrieben, 100,000km bis zum Verkauf nach Selbstrepara­ tur, 40,000km dito. 30,000kmnach Reparatur bei der letzten Limousine, die meine Frau behalten hat. In mein DS-Cabrio Baujahr 62 werde ich - zum Schrecken derer, die auf Originalität bestehen - demnächst eines einbauen. Beim SM sieht es etwas anders aus: 30,000km nach Selbstreparatur und Hinzukauf eines (für den 31 verstärkten, s. o.) Wandlers aus den USA. Danach experimentierte ich mit dem probeweisen Wiederein­bau des von mir aufgeschnittenen und mit Molybdänbeschichtung der Lagerwelle versehenen Original­ wandlers sowie Wiederverwendung des gereinigten Originalsteuerbloc­ks. Jetzt nach 10,000km habe ich ein anderes SM-Getriebe aufberei­tet, denn das Experiment mit der Molybdänbeschichtung ist geschei­ tert (es hilft nur Nachfertigung) und ein Steuerfehler im gereinigten Originalsteuerblock trat bei Kälte wieder auf. Man sollte also tun­ lichst einen Steuerblock verwen­den, den man im DS getestet hat. Denn dort ist er in 1 bis 2 Stunden gewechselt und beim SM (s.o.) kann man den Steuerblock gar nicht ohne Getriebeausbau wech­seln.

 

4. Kann man alles reparieren?

Nein, man kann nicht alles re­parieren, und es gibt zumindest in Europa kaum noch Teile. Selbst wenn es sie gäbe, wäre es unmög­ lich, die vielen hundert kleinen und großen Sachen bereit zu halten. Es gab noch nie originale Trägerwel­len für den Wandler, und es gibt keine Kegel- und Tellerräder für das Differential mehr. Es gibt keine hydraulischen Steuerblöcke (siehe Abbildung 2) und keines der hun­dert winzigen Einzelteile allein für dieses Bauelement mehr. Dichtun­gen, Lager oder gar Kupplungs­ körper und Planetensätze sind kaum erhältlich.

Es vagabundieren zwar einige teure Teile durch die Hände von Sammlern und Hobby-Händlern (ähnlich wie z.B., auch Kurbelwel­len vom SM-Motor, zu denen es keine Pleuel mit dem richtigen Gewicht oder keine Lager und Kolben gibt) - meist Fehlbestellun­gen von Händlern, die heute auch nicht viel nützlicher sind. Wenn man allein diese Preise addierte, würde das reparierte Getriebe voll­ends unbezahlbar.



Ich versuche daher mit selbst ge­ fertigten Spezialwerkzeugen, neuen Bändern und Kupplungssätzen, nachgefertigten Trägerwellen (Selbstkosten pro Stück 300.- DM), einigen Normlagern, neuen BW­ Klemmkörperfreilaufen (Einkaufs­ preis z.B. für den des 1. Ganges ca. 230.- DM), vielen gebrauchten Getrieben als Teileträger und von Fall zu Fall gefertigten Einzelteilen, auszukommen. Kürzlich musste z. B. die Tachowellenmutter für den SM mit ihren komplizierten Schneckengängen nachgefertigt werden. Da jedes zweite Kegel- und Tellerrad im Differential ka­ putt ist, wurden verschiedene Wege zur Anfertigung beschritten, die aber fehlschlugen. Beispielsweise wurde ein Kegelrad in den neuen Bundesländern für wenig Geld recht zügig gefertigt, Gewinde Zahnung, Lagerstellen tadellos, aber die Hypoidverzahnung hand­gefeilt - sehr schön - und mit Tole­ranzen im mehreren Zehntel-mm­ Bereich. Es war leider völlig un­tauglich für den DS oder SM, des­sen Kegelradtiefe schon allein auf das hundertstel genau eingestellt wird, aber sicherlich "Trabi"-tauglich. Eine weitere - westliche - Firma kommt seit zwei Jahren nicht mit der Nachfertigung zurecht (für einige tausend Mark). Ich vermute, dass es daran liegt, dass die Software der computergesteuer­ ten Fertigungsmaschinen eben nicht die DS/SM-Verzahnung enthält -und "zu Fuß" berechnen kann es wohl niemand mehr.

Trotzdem klingt mir noch in den Ohren, dass in den letzten Jah­ren etliche DS- und SM- Freunde mir offenbarten, dass sie, wenn kein neues oder "besser als neues" Differential zu bekommen wäre, sie eben genau wüssten, wo sie die­se Teile für ein paarMark oder ein paar mehr Sloty nachgebaut bekä­men.

 

5. Wie kann ich vorgehen?

Fall 1: Ich weiß, was dem Getriebe fehlt (es gibt sehr logische Diagnosetabellen, z. B. für Chrysler oder Volvo) und habe selbst das fahrbereite Auto bei Frost und bei Wärme getestet. Dann ist eine ge­zielte Reparatur möglich und, ob­wohl dann viele Funktionselemente beim näheren Hinsehen sehr be­scheiden aussehen, funktioniert die Sache nach der Fehlerbeseitigung und dem Austausch einiger Ver­schleißteile nach dem Wiederzu­sammenbau erstaunlich gut.

Fall 2: Ich weiß nichts, oder man hat mir etwas erzählt, beru­hend auf schlechter Beobachtung oder guter Hoffnung. Dann ist im­mer mit Mehrfachfehlern, bis hin zum Totalschaden zu rechnen. Die Möglichkeiten in der Kombinatorik ihrer Wirkung sind dann so viele wie im Lotto. Dann müßte ich jedes Teil unter die Lupe nehmen und Ersatz in Vorräten suchen (da wird man sel­ten fündig, da immer dasselbe am kaputtesten ist, s.u.). Das heißt auch immer, andere Getriebe zu op­ fern. In einem solchen Fall ist es gut möglich, dass man Teile aus drei Getrieben braucht, um eines instandzusetzen. Ich besaß in den letzten Jahren ca. 20 DS-Getriebe und habe jetzt nur noch vier eini­germaßen verwertbare DS-Getriebe und 1 SM-Getriebe in Reserve. Übrigens gibt es in Deutschland noch ein neues SM-Getriebe (in guten Händen), ein weiteres ist in Europa verschollen. In den USA sind reparierte Getriebe noch gut zu bekommen. Das Problem ist nur, einen vertrauenswürdigen An­sprechpartner zu haben und die Fracht von über 100kg: Zuerst das defekte Getriebe hin und dann das gute zu­rück. Bei Reklamationen das Ganze nochmals. Der Zoll macht keine Probleme, wenn er erfährt, dass es ein Liebhaberstück ist. Bei dem ei­nen Drehmomentwandler, den ich mir bisher schicken ließ, war man sehr bemüht, im "dicken Buch" ei­ ne günstige Spezifikation zu finden.

Früher, als mir noch einige Freunde und ein befreundeter Händler BW-Warner-Getriebe aus meinem Vorrat "abluchsen" konn­ten, waren es solche, die ich in ei­nem Vergaser- Schrottwagen er­probt hatte. Teilweise hatte ich mir Motor und Getriebe zum Testlauf an eine Kette unter die Garagen­decke gehängt. Ich erinnere mich noch lebhaft an den Schrecken und die Verblüffung von Nachbarn, die mich "bitten" wollten, den Motor des dort vermuteten PKW's abzu­ stellen und die, als ich sie herein­bat, an Geister glaubten.

 

6. Beispiel einer aktuellen Reparatur

Das Beispiel, das ich wähle, ist das des aktuellen SM-Getriebes, welches ich bei mir selbst einbauen werde. Es stammt aus einem frü­hen USA - 2,71- BW mit kleinem (DS-)Wandler, der längere Zeit in Deutschland "wie Sauerbier" ange­boten wurde. Der zunächst als 31 vermutete Motor und das Getriebe sollten lt. US-Belegen (die ich nie gesehen habe) vor 10,000 Meilen top-überholt worden sein. Er ge­hörte eigentlich zu Fall 1, d.h. Testmöglichkeit im Betrieb. Doch dazu kam es nicht so recht.

Ich hatte das Getriebe in einem "Joint Venture" mit einem Club-Kollegen erworben, der an Chassis und Motor interessiert war. Die Verkäufer wollten ihn nach Düs­seldorf bringen. Doch dazu kam es nicht, weil der Wagen unterwegs frühzeitig mit Überhitzung und Kühlwassermangel liegen geblieben war. Später, vor dem Ausbau, hatte ich doch noch Gelegenheit zu einem "Test": Der Motor lief aber nur selten mit Leerlaufdrehzahl. Viel häufiger gar nicht oder mit 3000/min. Man hörte Kettengeräu­sche und noch ein anderes Klap pern. Bei letzterem bestand die Hoffnung, dass es der Klimakompressor sein könnte.

Das Getriebe drehte sich nur im ersten Gang (in welchem Gang war die Überführungsfahrt versucht worden?), der Wagen war natürlich nicht zugelassen und konnte nur auf dem Hof bewegt werden. Nachdem ich den fest gerosteten "Kick­down"-Zug abgeschnitten hatte, schaltete es gelegentlich höher.

Nach dem Ausbau begann ich mit dem völligen Zerlegen, der Diagnose und der Reparatur. Ich werde einige typische Punkte, wes­ halb das Getriebe eigentlich "Schrott" war, herausgreifen und deren Behebung kurz skizzieren. Insider können sich anhand des Re­paraturhandbuches und des Ersatz­teilkataloges kundig machen, Laien dürfen sich nicht abschrecken las­sen oder einfach diese Passagen überlesen:


1. Der Wandler war ein Austau­schwandler gewesen, das Gleitlager in der Nase völlig verschlissen und die Freilaufklemmkörper waren stark abgenutzt. Da es sich um ei­nen minder schweren Fall handelte, habe ich ihn nicht aufgeschnitten, sondern diese Teile nur von außen ersetzt.


2. Die Wandlerträgerwelle sah aus wie nach 200,000 Meilen und wur­de von mirunter der Presse ersetzt. Das ist immer ein gewisses Aben­teuer, bei dem man fürchtet, das Gehäuse könnte zerbrechen, bis sich die Welle mit lautem Knall löst. Die Öldruckpumpe ist äußerst robust und wird von mirimmer original belassen. Es ist nicht nur für das Getriebe selbst wichtig, dass der Öldruck sowie seine Regelung und Modulation stimmen. Denn das Automatikgetriebe besitzt keinen Fliehkraftregler mit grüner Flüs­sigkeit für die geschwindigkeitsab­hängige SM-Lenkung: Hierzu wird der Öldruck des roten Getriebeöls "angezapft". Aus diesem Grunde ist die Lenkung auch leicht modi­fiziert. Eine weitere Änderung be­steht darin, dass der Lenkungsein­schlag beim BW-SM wegen des größeren Anfahrdrehmomentes be­grenzt wurde.


3. Das Gehäuse zeigte schwere Schäden, der vordere Lagerdeckel war lose, weil vier von acht Schraubengewinden ausgerissen waren: Typisch für US-Wagen, wenn Zollschrauben in metrische Gewinde gewürgt werden. Zwei Handbrems- Befestigungsgewinde und diejenigen für die vordere Aufhängung mussten ebenfalls er­neuert werden und - was bei den deutschen BW-Getrieben fast nor­mal ist - einige Ölwannengewinde, weil dort sinnigerweise Zollschrau­ben verwendet werden.


4. Das Differential: Dieses war ein echter Lichtblick, weil das Gehäuse bei vorangegangenen Reparaturen sauber abgedichtet worden war. Die Kegelradtiefe stimmte, ledig­lich die Schrägrollenlager und die Simmerringe wiesen auf die hohe Gesamtlaufleistung hin und wurden erneuert.


5. Die Primärwelle zur hinteren Kupplung war verzogen. Sie wurde gegen eine gebrauchte ersetzt. La­ger und Nadellager waren in Ord­nung, weil in der Tat vor 10,000 Meilen etwas erneuert worden war. Die hintere Kupplung mit Scheiben und die seltene Teilerfeder waren neuwertig, leider waren es aber die falschen Kupplungsscheiben, so dass letztere erneuert wurden. Der Ser­ vokolben wurde wiederverwendet. Achtung: "hinten" und "vorne" ge­ hen in Katalog und Handbüchern oft durcheinander. Das liegt daran, dass dasBW35-Getriebe für den Vorderradantrieb gewendet wurde.


6. Die hintere Bremsbandtrommel wurde durch eine gebrauchte er­ setzt, weil das daran befindliche Zahnrad für den Planetensatz aus gebrochen war. Damit wurden auch deren intakte Lager und Dichtringe mit eingebracht. Die Welle für die Planetenräder war ausgelaufen und wurde ebenfalls ersetzt: Von acht gebrauchten ka­men nur zwei in Frage.


7. Die mittlere Tragplatte wurde maschinell poliert (wichtig für die Funktion des Freilaufs). Der Freilauf wurde erneuert.


8. Der vordere Kupplungssatz war ein Unikum: Kürzlich erneuert, völlig falsch und mit zu wenigen Scheiben. Da sie rutschte, waren das vordere Bremsband und die Kupplungstrommel völlig blau aus­geglüht. Letztere wurde gegen eine andere getauscht und die Kupplung erneuert. Damit war klar, dass das schöne rote Öl kürzlich erneuert worden war. Es war auch kein ATF. Weiterhin war klar, dass die rutschende vordere Kupplung einen rutschenden 3. (direkten) Gang bewirkt hatte. Hätte der Wagen überhaupt hoch geschaltet, wäre auf einer deutschen Autobahn nach ein paar hundert Kilometern Endstation gewesen. In den USA war er ja wohl eine ganze Weile mit 55 Meilen gelaufen.


9. Der Planetensatz war seltsa­ merweise noch brauchbar, dies trotz des an der hinteren Kupplung ausgebrochenen Zahns. Die Nadel­drucklager und die Antriebswel­leneinheit mit Zahnkranz wurden wiederverwendet, ebenso die noch brauchbaren Lager im Zwischenlagergehäuse.


10. Die großen vorderen Übertra­gungsritzel wurden wiederverwen­det, die Nachfertigung des Tacho­meterritzels habe ich bereits oben angesprochen. Das lag daran, dass das mit 20mkp anzuziehende Rit­zel eingeklebt war, was ich beim Ausbau nicht rechtzeitig merkte. Scheinbar läppische Tricks der Vorgänger-"Reparateure" hatten - wie so oft - unangenehme und kostspielige Folgen.


11. Die Bremsbänder mussten er­neuert werden, weil sie beide auf ihre Weise einmalig waren: Das hintere war wohl schon bei der letzten Reparatur in verkohltem Zustand belassen worden (auch dieses rutschte im direkten Gang), das vordere gut funktionsfähig, weil sehr ordentlich ein Flicken roter Belagspappe eingeklebt wor­ den war. Das geht wirklich, weil sie - außer am Berg - nur im Stand geschaltet wird. Die Servokolben können mit Pressluft geprüft werden und waren in Ordnung.


12. Die Zerlegung und Instandset­ zung des Fliehkraftreglers (für die Gänge, den bekannten für die Len­kung gibt es nicht, s.o.) und des hydraulischen Steuerblocks stehen noch an. Wie gesagt, beim klein­sten Fehler muss das Getriebe beim SM wieder ausgebaut werden. Vielleicht nehme ich diese Teile sogar aus dem intakten DS meiner Frau, denn dort sind sie leicht zu tauschen.

 

7. Schlussbemerkungen

Gerade aus dem letzten Ab­schnitt dürfte auch dem flüchtigen Leser klar geworden sein, dass es natürlich Sinnmachen würde, alle Teile des Borg-Warner Getriebes mehrfach vorrätig zu haben. Das würde die Reparatur sogar kinder­leicht machen, sofern nichts ver­wechselt wird und man die notwendigen Werkzeuge besitzt. Da es aber so gut wie keine Neuteile mehr gibt, macht es keinen Sinn, irgendwelche Zufallskäufe auf Vor­rat zu tätigen.

Sollte Ihnen daher ein Profi ein repariertes BW-Getriebe mit Um­tauschgarantie bei Nichtfunktionie­ren (er kann nach Lage der Dinge ohne Probeeinbau beim besten Willen nicht wissen, ob wirklich alles funktionieren wird) für, sagen wir einmal DM 5000.-(Preisbeispiel ohne Wandler, den gibt es in den USA noch im Austausch für ca. 1000.- Dollar) anbieten, sollten Sie zugreifen. Denn vergleichsweise ist ein Austauschgetriebe für ein modernes Auto immer noch teurer!

Nun verstehe ich sehr gut, dass diese Lagebeschreibung durchaus dazu angetan ist, manchen Perfek­ tionisten in Schrecken zu versetzen. Denn die verwendeten Teile sehen wirklich nicht alle "schön" aus. Auch mögen man mir verzeihen, dass ich bei weitem nicht alle in spizierten Teile (die Dichtungen nicht zu vergessen!) angesprochen habe oder sie - mit Rücksicht auf Verständlichkeit - nicht allzu präzi­se bezeichnet habe. Trotzdem, es funktioniert komfortabel und min destens solange wie ein SM-Motor: Mancher ist schon "zu Tode" er­ schrocken, wenn er z.B. in Bonn insInnere seines bislang so gut funktionierenden Motors schauen konnte. Die dortigen Club-Kollegen müssen dann auch oft Kompromisse schließen, weil sie sehr genau wissen, was noch funk­ tioniert und was nicht mehr. Da zeigt sich eine andere Art, ein technischer Perfektionismus, der seinen besonderen Reiz hat: Es geht um das optimale Zusammenwirken und keinesfalls, je einzeln, um per­fekte Dinge.

Um Missverständnisse bezüglich meiner einleitenden Worte zu ver­meiden: Ich stehe natürlich Club- Kollegen oder Kolleginnen gerne im Rahmen meiner zeitlichen An­sprechbarkeit beratend zu Verfü­gung. Auch die Diagnose eines fahrbereiten Wagens dürfte kein Problem sein, sofern man zu mir kommt und der Motor des SM ei­nigermaßen sauber eingestellt ist.

 


8. Nachworte

Mein Aufsatz oben endet damit, dass die Zerlegung und Instandsetzung des Fliehkraftreglers und des hydraulischen Steuerblocks für die automatische Schaltung noch anstehen. Denn, wie mehrfach betont, müßte beim kleinsten Fehler das Getriebe beim SM wieder ausgebaut werden, da man den Schaftblock im eingebautem Zustand nicht wechseln kann, da unter dem Deckel ganz eng die Doppeltraverse des vorderen Chassis liegt, in der sich der Stabilisator verbirgt.

Außerdem wollte ich mich keineswegs vor der Beantwortung der Frage drücken, ob denn nun alles perfekt auf der Straße funktioniert hat. Aber, als ich im September den Artikel geschrieben habe, war ich wirklich noch nicht soweit. Ich fand es natürlich auch eher riskant so im Voraus über einen bestimmten Reparaturfall zu berichten, denn nun kann ich nicht mehr auf die Beschreibung eines gegebenenfalls geglückten Unternehmens ausweichen. Inzwischen bin ich 3.000 km gefahren und habe meinen SM derzeit bei -17°C mit in der Oberpfalz, so dass alle Überprüfungskriterien erfüllt sind.

Was stand noch an? Natürlich habe ich nicht - wie launisch bemerkt - die eingangs genannten Teile aus dem intakten DS meiner Frau entnommen, sondern den Fliehkraftregler gereinigt, überprüft und die Kolben mit feinstem Diamantschleifschwamm von Kratzern befreit. Dies ist relativ einfach und auf wenige Innereien beschränkt. Ganz anders sieht es beim Schaltblock aus: Unzählige Kanäle, Kolben in den eingeschliffenen Spritzgussbuchsen, Federn, Regler, Kugeln und andere Miniteile können nicht mit Sicherheit wieder in Gang gebracht werden. Denkbarerweise ist genau der Kratzer oder der Grat, an dem es bei Kälte hakt, an einer völlig unzugänglichen Stelle. Einen kleinen Eindruck kann man sich bereits im zusammengebauten Zustand mit Hilfe von Abbildung 1 verschaffen. Das ganze Ausmaß und die Menge der Einzelteile wird jedoch erst aus dem Reparaturhandbuch und aus dem Ersatzteilkatalog ersichtlich. Aus diesem Grunde wurde auch früher der Schaltblock in Austauschgetrieben immer erneuert. Aber den gibt es leider nicht mehr. Bei einer möglichen Überholung kommt es immer nur auf die reibungslose Funktion und nicht etwa auf die Dichtigkeit an, denn das Ganze arbeitet in Öl gebadet mit einer definierten Leckrate: Kein Ölrohr (mit Ausnahme des Ansaugrohres) besitzt eine Dichtung, kein Flansch und kein Kolben. Auf die Montage der Ölrohre komme ich später noch zu sprechen.



Ich entschloss mich daher, für das SM-Getriebe einen hydraulischen Schaltblock zu verwenden, den ich selbst in einem DS gefahren hatte und von dem ich sicher wusste, dass er auch bei -20 °C nicht hakte. Da ich über den Schaltblock des verwendeten SM-Getriebes nichts wusste (es kam überdies aus dem sonnigen Kalifornien) und der meines eigenen Getriebes nach 3 Jahren erneut gehakt hatte, schied deren Verwendung aus. Die Lage ist jedoch im allgemeinen nicht so problematisch, wie es aussieht, denn, hat man einmal einen guten Schaltblock - und vermeidet die im o.g. Aufsatz beschriebenen Fehler- so kann man den ja immer weiter verwenden. Meinen DS-Schaltblock zerlegte ich und richtete mein besonderes Augenmerk auf die Zwischenplatte, ein Teil mit unzähligen Bohrungen, etwa wie eine Scheibe Schweizer Käse anzusehen. Hier gibt es einen Kugelsitz und eine Stelle, in die sich ein kleines Sicherungsblech tief einfrisst. Der Kugelsitz kann nachgearbeitet und die Beschädigungen in der Platte können mit viel Gefühl mit dem Schutzgasschweißgerät zupunktiert und von Hand plangeschliffen werden. Weiterhin darf keiner der Kol­ben einen so tiefen Kratzer haben, dass er sich nicht wegpolieren läßt, weil dann sicher ein Span irgendwo in der Bohrung sitzt. Nach diesen Arbeiten überprüfte ich die verschiedenen Spiralfedern an Hand von Windungszahl, Baujahr und Farbkennung und wechselte zwei typische SM-Federn aus dem kalifornischen Schaltblock gegen die DS-Federn ein. Wenn letzteres nicht möglich ist, ist das ausnahmsweise einmal ziemlich konsequenzlos, den die Unterschiede beim Fahren sind kaum zu spüren. Die ganze Arbeit kann an einem Abend erledigt sein und ist ausnahmsweise eine ziemlich saubere. Lediglich viel Licht und Platz zum Sortieren benötigt man. Außerdem darf man dabei nicht gestört werden.


Wechsel des Schaltblocks und typische Fehler
Im folgenden möchte ich noch einige Erläuterungen zum Wiedereinbau und zur äußerlichen Fehlererkennung geben, für SM-Freunde gedacht, die das Getriebe vor sich liegen haben und für DS­Freaks, welche den Ein- und Ausbau leicht in 1 bis 2 Stunden von unten am Wagen (einschließlich einer kräftigen Öldusche) bewältigen können. Hierzu empfiehlt es sich, Abbildung 1 mit hinzuzuziehen. Zunächst ist es beim Wiedereinbau wichtig, den "Kick-down"- Zug korrekt einzuhängen. Nicht nur in die exzentrische Führung links unten (neben dem Ende des Schaltschiebers 17), sondern auch darunter in der Tiefe des Gehäuses über die große Schnurlaufrolle. Gleichzeitig muß das Schaltgestänge oben in die Klemmbride 6 des Schaltschiebers eingehängt werden. Dann schwenkt man den Schaltblock von unten nach oben in das Gehäuse ein (immer bezogen auf die Lage der Abbildung) und positioniert bzw. verbindet mit ihm drei von vier unsichtbaren geraden Ölrohren (Ansaug- und Rücklaufrohre). Sie befinden sich rechts unter dem Sieb und es sind vier Stück und nicht wie in den Versuchsgetrieben der Reparaturanleitung nur drei.

Danach werden die drei Befestigungsschrauben angezogen. Nach diesem Vorgang darf der Schaltblock nirgendwo im Getriebegehäuse (an Gussnasen usw., diese abschleifen!) anstoßen, sonst kommt es beim Anfahren und insbesondere beim Rückwärtsfahren zu Resonanzschwingungen und der Wagen rubbelt auf unerklärliche Weise. Schließlich werden die Rohrpaare 9,10; 15,16 und 11,14 mit sanfter Gewalt tief genug eingedrückt. Auf keinen Fall verbiegen und verspannen! Richtig halten sie erst nach dem Einbau des Ölwannendeckels. Bitte ganz genau schauen, wohin sie gehören. Verwechslungen führen meist nicht zum Totalausfall des Getriebes, aber zu sehr unerwarteten Schaltvorgängen der fest programmierten servohydraulischen Logik. Insbesondere Blockaden des Getriebes beim gleichzeitigen Einschalten verschiedener Gänge haben unangenehme Folgen. Die beiden Rohre 11 und 14 können übrigens ganz anders aussehen, ohne den kräftigen Knick.Dadurch sollte man sich nicht irritieren lassen.

Der Magnet 12 gehört über (hinter) diese beiden Rohre. Vor dem Anbringen des Ölwannendeckels muss die korrekte Position des Schaltschiebers (an den Markierungen wo in der Abbildung etwa die Linie der Markierung 15 schneidet) nach Reparaturhandbuch eingestellt werden. Es versteht sich von selbst, dass das Ölsieb (bestehend aus grobem und feinem Netz) tadellos sauber sein muss und mit einer Gummidichtplakette montiert wird (ist). Wie oft ist dies nicht der Fall oder das Sieb ist beschädigt. Da das Getriebe jede Menge Abrieb produziert, ist somit der Tod der Schaltblocks vorprogrammiert! Fehlt auch noch der Magnet, so hält das Ganze keine 10.000 km durch. Ein durch Schmutz verstopftes Sieb führt als erstes (besonders bei Kälte, wenn das Öl noch zähflüssig ist, zum Ausfall des 2. Ganges, d. h. dieser schaltet sich nicht unter "Ablösung" des ersten Ganges ein. Geht man vorn und dann wieder darauf, so fühlt man einen unangenehmen "Leerlauf", bis der Freilauf des ersten Ganges wieder packt. Der gleiche Effekt zeigt sich beim Klemmen des Modulationsschiebers (in der Abbildung ungefähr da sichtbar, wo die Linie der Markierung 16 über dem "Kick-down"- Excenter schneidet). Bei Kälte verschwindet dieser Effekt meist nach ungefähr einem Kilometer Fahrt. Es ist einer der wenigen Fehler, der auch am Wagen bei abgenommenem Ölwannendeckel gefunden werden kann, wenn man den "Kick-down"­Zug betätigt.

Findet man übrigens Abrieb in der Ölwanne eines Borg Warner-Getriebes so sind kupfer­ oder messingfarbene Späne und schwarze "Pampe" harmlos. Dies kommt vom natürlichen Verschleiß der 11 Kupplungsscheiben und der beiden Bremsbänder. Eisenhaltiger Abrieb ist jedoch bedenklich. Davon sollte man nicht mehr vorfinden, als am Magneten Platz hat. Trotz dieser Schilderung muss man bei intaktem Getriebe das Öl (nur ATF 33!!) nur alle 30.000 bis 50.000km wechseln und dabei vor allem das Ölsieb reinigen. Dies ist beim SM eine etwas mühsame "Fummelei".

Hat nun alles funktioniert? Hat man schließlich das Getriebe gewechselt oder instandgesetzt, so kommt - wie bei dem von mir beschriebenem Beispiel - der große Moment der Inbetriebnahme und Erprobung. Bitte haben Sie Geduld und lassen Sie den Wagen aufgebockt laufen, indem Sie die Gänge einige Zeit durchschalten. Das Öl braucht eine Weile, um wieder alle Kanäle des Schaltblocks und den Drehmomentwandler zu füllen. Drehen sich dabei die Räder und ruckt die Tachometeranzeige, so hat man schon fast gewonnen. Danach kommt ein letzter wichtiger Test, nämlich das Prüfen der Festbremsdrehzahl des Wandlers: Man legt einen Gang ein, und tritt fest auf die Bremse. Danach gibt man zügig und progressiv Gas, bis sich die Drehzahl stabilisiert. (Bitte nach Reparaturhandbuch dies nur selten und für ganz kurze Zeit tun. Denn hier besteht die Gefahr des Überhitzens des Drehmomentwandlers, da er in diesem Moment durchaus 40kW schlucken muß! Auch Ihre normale Kupplung würde verbrennen, wenn Sie ihr einen solchen "verhinderten" Start zumuten.) Die Festbremszahl sollte beim SM und beim DS mit dem kleinen Wandler bei 1.700 bis 2.000 U/min liegen, beim späteren SM mit dem verstärkten Wandler wenigsten bei über 1.500 '/min (das Anfahrdrehmoment des SM ist etwas zu schwach). Nun, meine Reparatur überstand alle diese ersten Tests klaglos und es zeigte sich schon da, dass der nun verwendete (kleinere) DS-Wandler der ersten Serie (vor 1972) sehr viel besser zum SM passt, als der vorher von mir gefahrene verstärkte Wandler. Die höhere Festbremsdrehzahl und das weichere aber dann beim höheren Drehmoment kräftigere Zupacken ist ein großer Vorteil insbesondere beim Kaltstart.

Auf der Straße hörte ich natürlich dann alle Geräusche, die schon immer unbeachtet vorhanden waren und vermeintlich jedes Rädchen des so bunt zusammengewürfelten Getriebes. Aber es war alles in Ordnung und "perfekt". Das Differential (obwohl mit das Beste, das ich je eingestellt hatte) heulte mir bei ca. 70 bis 90 km/h etwas zu deutlich. Aber das normalisierte sich, nachdem ich das Differentialöl (ein modernes Mehrbereichsöl) gegen "echtes altes" 80er Hypoidöl gewechselt hatte. Dazu meinen meine Freunde, dass es sowieso nur Einbildung gewesen sei. Bei den verschiedenen Härtetest und Anfahrproben entdeckte ich dann, dass der Vorderwagen "weich" geworden war - aber das ist ein ganz anderes Kapitel. Darüber und wo und wie man am besten schweißt, werde ich anderes Mal berichten.

 


Günter Schön