Vordersitze
Neu aufpolstern


Dieser Artikel ist in der Clubzeitschrift des Citroen SM Clubs Deutschland erstmals erschienen. Die Clubzeitschrift erscheint für Mitglieder regelmäßig und beinhaltet stets aktuelle Erlebnisberichte, technische Artikel sowie Informationen über die aktuelle Ersatzteillage. Weitere Informationen auf der Clubseite.

 


Die kürzliche Besichtigung der Vordersitze ergab zwei mehr oder weniger plattgesessene Sitzflächen sowie leicht deformierte Lehnen, beim Fahrersitz in etwas schlechteren Zustand. Als erster schwebte der Fahrersitz per elektrischem Flaschenzug vom Dachboden auf die Werkbank.

Die erste Schwierigkeit war die Demontage der zwei seitlichen Chromhebel - die Dinger sind gesteckt und benötigen einen ziemlichen Kraftaufwand zum Ausbau, man muss tricksen, um sie ohne Beschädigung von Leder oder Hebel herauszubekommen. Anschließend holt man sich einen Tennisarm beim Abknipsen der Drahtringe, die das Leder am Sitzgestell halten. Beim Abziehen des Bezuges der Lehne kommt dann die Bescherung zutage: Lauter Schaumbrösel!

Gleiches Thema bei der Sitzfläche, die noch die zusätzliche Schwierigkeit des zerstörungsfreien Ausbaus des chromfarbenen Plastikkeders an der Unterkante der Sitzschale bietet. Hier hing das seitliche Leder wie ein Sack voll Schaumbrösel – der Sitz war regelrecht platt! Diese Auflösungserscheinungen dürften wohl auf schlechtes Material zurückzuführen sein - oder die Vorbesitzer des Wagens waren starke Transpiratoren.



Nun hatte ich immerhin einen Schlachtwagen, von dem noch ein versiffter Beifahrersitz existierte, der aber noch einigermaßen in Form war. Der wurde sofort gestrippt, und siehe da, die Innereien waren noch verwertbar!

Der Aufbau der SM-Sitze ist ziemlich aufwendig, die Mittelpolster bestehen aus weichem Schaumstoff, die Seitenflächen aus mittelhartem PU-Schaum, der gerne bröselt. Diese Teile aus dem Sitz des Schlachtwagens waren verwertbar, nur, wie sie ausbauen, denn die Dinger sind mit dem Polster zusammengeschäumt.

Ein normaler Cutter ist untauglich, auch wenn er noch so scharf ist, weil der Schaum zuwenig steif ist, um eine saubere Schnittführung zu ermöglichen. Die Idee, die zum Ziel führte, war ein elektrisches Haushaltsmesser, welches im Supermarkt erstanden wurde. Weil sich beide Klingenhälften gegeneinander bewegen, kann der labbrige Schaumstoff nicht raus, ein recht sauberer Schnitt ist die Folge. Mit viel Geduld habe ich die brauchbaren Seitenteile herausgetrennt und in das Polster meines Fahrersitzes transplantiert, die Klebung erfolgte mit Pattex.


Leider waren mit dieser Aktion alle Gebrauchtersatzteile aufgebraucht, so dass ich zur Abwechslung mal wieder auf eine "Nachfertigung" angewiesen war. Wäre zwar eine Serienfertigung solcher Sitzteile durchaus technisch wie finanziell gut zu machen, würde sich ja doch wieder nicht die erforderliche Anzahl Interessenten dafür melden, obwohl mindestens 80% der SM noch plattere Sitze haben als meiner. Also, Hauptsache ich sitze gut, und dafür genügt auch die Einzelfertigung!

Damit ging die Suche nach dem richtigen Schaumstoff los: Die wenigsten Materialien sind steif genug für die Seitenteile, auch nicht der härteste Matratzenschaum. Fündig wurde ich erst in einem kleinen Schwabinger Leder/Schaumstoffladen, der von zwei Mädels geführt wird. Da gab’s sogenannte Yogakissen, die aus sogenanntem Verbundschaum bestehen, also aus lauter kleinen Schaumstoffchips von etwa je 3…4mm Durchmesser. Das Zeug ist relativ steif, lässt sich aber trotzdem grob per Elektromesser in Form bringen. Man schneidet zuerst die Konturen sauber aus, die die Klebeflächen zu den noch intakten Teilen des Schaumstoffpolsters des Sitzes darstellen, streicht beide zu verklebenden Flächen satt mit Pattex ein, lässt sie etwa 15 Minuten ablüften und fügt sie dann zusammen. Das muss aber gleich richtig passen, das Zeug klebt wie der Teufel. Man sollte sich daher die richtige Einbauposition in trockenem Zustand mit Filzstift markieren, um dann mit dem Kleber das entsprechende Teil passgenau einsetzen zu können. Den nötigen Anpressdruck bringt man dadurch, dass man mit den Fingern in den weichen Polsterschaum greift und ihn so nach und nach in das härtere Seitenteil drückt. Nach dem Aushärten des Klebers bringt man den Sitz auf der Werkbank in die Seitenlage und schneidet mit dem E-Messer grob die Form des Seitenteiles heraus, etwa bis 3 mm an die spätere Oberfläche heran. Anschließend rückt man der Sache mit der Powerfile (kleine Bandschleifmaschine) auf die Pelle und modelliert die Übergänge zum alten Sitzpolster sowie die Oberfläche des Seitenteiles. Hört sich einfach an und ist es auch, wenn man etwas bildhauerische Begabung hat. Eine ruhige Hand ist auch nicht schlecht, denn Riefen sind recht schnell reingeschliffen.


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Als nächstes muss man die Sitzbezüge aufziehen um die Passform zu prüfen, in meinem Fall Leder, welches noch ganz in Ordnung war. Die Nähte müssen immer genau auf der jeweiligen Sitzkante liegen, andernfalls ist der Schaumstoff nochmal nachzuarbeiten. Zusätzlich sollte man den Bezug nachspannen, um eine gute Passform zu erhalten.

Wer mit Stoffsitzen gesegnet ist, sollte sich neue Bezüge anfertigen lassen, was man allerdings dem Sattler überlassen sollte, allerdings nur einem wirklich guten. Die alten Stoffe sind meist verzogen und reißen gerne beim Nachspannen. Wer wissen will, wo man neue Originalstoffe bekommt, kann sich an mich wenden.


Der letzte Arbeitsschritt ist das Verklammern der Bezüge der Lehne mit dem Lehnenrahmen, was mit kleinen Drahtklammern gemacht wird, die es für ca. €6.- / 1000 Stück im Sattlerbedarf gibt. Die zugehörige Spezialzange kostet ca. €15.-.


Alles in allem hat mich die Renovierung der Sitze ungefähr 25 Stunden gekostet. Das Ergebnis ist so wie es sein soll. Ein durchschnittlicher Sattler hätte sicher €750 bis €1000.- verlangt und hätte den Sitzunterbau nie so sauber wieder hergestellt. Meistens stopfen die Knallköppe die Sitze nur kräftig aus, wodurch sie dann wie Würste aussehen. Meine sind zwar nicht neu, aber original und haben die richtige Form, in der es sich ganz gut sitzt.